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Von: Michael Weiser
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Mit 200 Beamten überwachte die Polizei die Einweihung des Clubheims der Hells Angels in Altenmarkt an der Alz. Bilanz der Sicherheitskräfte: Ein Abend ohne Zwischenfälle. Doch wie kommen die neuen Nachbarn im 4000-Einwohner-Ort Altenmarkt an?
Altenmarkt an der Alz – „Ja, da war schön was los, da kam niemand ohne Kontrolle rein oder raus.“ Der Kellner beim Italiener um die Ecke ist noch sichtlich beeindruckt von der Feier am vergangenen Samstag (23. November) in Altenmarkt an der Alz. Die Hells Angels haben ein neues Clubhaus eingeweiht, und die Polizei hat sich die Ehre gegeben. Mit 200 Beamten im Einsatz für rund 100 Gäste. In Altenmarkt, mit seinen etwas über 4000 Einwohnern. Die Auslöser des Großeinsatzes sagen dem Kellner weniger. Nur gehört habe er von den Hells Angels, mit ihnen gesprochen noch nicht.
Ein paar Tische weiter flachsen Stammgäste miteinander. Ob sie wohl bald vorbeischauen, die Rocker? „Die stehen wohl eher auf Steak“, sagt ein Mann im Hinausgehen. Fleisch und nicht Pizza und Nudeln als Lieblingsspeise, scharf angegegrillt, innen blutig. Anders kann man sich Rocker schwer vorstellen.
Im Clubhaus der Hells Angels macht die Hölle gerade Pause
Im neuen Clubhaus an der Traunsteiner Straße ist nicht gerade die Hölle los. Die Fensterscheiben unter der Aufschrift „Angels Place“ sind von innen mit Sichtschutz beklebt, der Parkplatz ist verwaist. Alles wirkt ruhig. Erfolg hat der OVB-Reporter an der Nachbartür, rechts in derselben Hausfront. Er klingelt, es vergehen einige Sekunden, schließlich steckt eine Frau den Kopf aus dem Fenster. Sie gibt gerne Antwort. „Sehr nett“ seien die Hells Angels, die da gefeiert hätten, „anständige Burschen“. Ein Mann tritt neben sie, hört zu. Schließlich kommen die beiden ins Erdgeschoss und bitten einzutreten, drinnen lässt sich besser plaudern.
Zakia und Georg Glas, so heißen die beiden, stellen sich als die Vermieter der Hells Angels vor. Die Räume im Erdgeschoss seien im Sommer leer gestanden, also hätten sie ein Schild zur Straße hin aufgestellt. „Zu vermieten.“ Irgendwann habe ein Mann auf einer Harley angehalten und für die Hells Angels gefragt. Man sei ins Gespräch und schließlich ins Geschäft gekommen, sagt Georg Glas. Der bedenkliche Ruf der Hells Angels? Bereite ihm keine Sorgen, sei eh absolut unbegründet, „Die verhalten sich absolut anständig.“ Einer aus der Führungscrew der Gruppe, so habe sich herausgestellt, habe seinerzeit sogar seine Tante in Feldkirchen gepflegt, sagt Georg Glas, „die Schwester meiner Mutter“.
Helfende Hells Angels
Ja, die Hells Angels seien sehr hilfsbereit, bestätigt Zakia Glas. „Die haben auch im Garten mitgeholfen.“ Erwachsene Männer seien das, „mit Frau und Kindern“. Kein Wunder, dass man am Nachmittag niemanden von denen antreffe: „Die arbeiten alle.“ Eines hat Georg Glas am Eröffnungsabend zu kritisieren: Die Musik, nun ja, da sei Luft nach oben. Zakia Glas schaut aufs Große und Ganze: „Da ist immer alles sauber.“ Und was meint sie zur Polizei mit ihrer Großkontrolle? „Hat gemacht, was ihre Pflicht ist.“ Fotografieren lassen wollen sich die beiden nicht. „Beim Tag der offenen Tür gerne, zusammen mit den Jungs“, sagt Georg Glas.
Die Nachbarn der Hells Angels? Zumindest nicht verängstigt
Die neuen Nachbarn, wie sind sie in der Nachbarschaft gelitten? Eine Frau antwortet zögerlich. „Eigentlich machen die einen ganz netten Eindruck“, sagt sie, schränkt aber ein: Vielleicht sei das Fassade. „Mir wäre lieber, sie wären nicht da.“
Immerhin haben sie die Runde im Umkreis gemacht, sich vorgestellt. Das verschafft den Hells Angels Punkte auch bei einer anderen Nachbarin: Die neuen Nachbarn seien eigentlich okay gewesen. „Keinen schlechten Eindruck“ habe er gewonnen, sagt wiederum ein Mann über die Rocker. Der Einladung ins Clubheim sei er aber nicht gefolgt – „kein Bedarf“.
Zurück von der Runde entdeckt der Reporter einen dunkel gekleideten jungen Mann, der seinen Wagen gerade vor dem „Angels Place“ geparkt hat. Ja, er gehöre zu den Angels, sagt er zögernd. Was die Hells Angels gerade hierherziehe? „Na, der Chiemsee ist nicht weit weg“, sagt der Mann und macht eine ausholende Bewegung. Mehr will er nicht sagen, „ich bin ganz frisch dabei“.
Feier mit Waffen, aber ohne Ärger
Zur Besonnenheit hat Bürgermeister Bierschneider am Wochenende aufgerufen. Für eine vertiefte Analyse ist der Rathauschef am Montag nicht zu erreichen. Er sei den ganzen Tag außer Haus, heißt es aus dem Rathaus, im Übrigen möge man sich an die Pressestelle des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd wenden.
Dessen Sprecher Stefan Sonntag äußert sich gelassen. Der erste offizielle Auftritt der Hells Angels dürfte eine unauffällige Angelegenheit gewesen sein – trotz der Waffen, die einige Gäste bei sich getragen haben. Man habe bei Kontrollen einige Messer entdeckt und sie für die Dauer der Party sichergestellt, sagt Sonntag. Gleiches habe man bei einer Machete unternommen. Heißt: Nach der Party kann der Besitzer seine Klinge abholen.
Polizei will Hells Angels im Auge behalten
Dauerhaft weg ist ein sogenanntes Einhandmesser, das einem Gast abgenommen wurde. „Solche Messer sind verboten, das bekommt der Besitzer auch nicht mehr zurück“, sagt Stefan Sonntag. Davon abgesehen sei die Nacht ohne Zwischenfälle verlaufen. Nicht einmal die Kutten mit dem verbotenen Hells-Angels-Logo seien zu beobachten gewesen. Die meisten Kollegen hätten sich bis 22 Uhr auf den Heimweg gemacht, einige Beamte harrten aber sicherheitshalber bis zum Morgen aus.
Man werde das Clublokal und die Rocker im Chiemgau auch weiter im Auge behalten, sagte Sonntag. Die Aufmerksamkeit der Polizei darf nicht verwundern. Schließlich sind die Hells Angels ein Thema auch für den Verfassungsschutz, und das gar nicht so sehr wegen Gartenarbeit. Einzelne Mitglieder sind auch laut jüngstem Bericht der Behörde immer wieder in „kriminelle Aktivitäten“ verwickelt.
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